New York? Paris? Split? Fernreisen sind diesen Sommer eher umständlich und mühsam. Zeit also, unsere Heimat aus der Perspektive der zahlreichen Touristen, die uns unter normalen Umständen besuchen, zu entdecken.

New York? Paris? Split? Fernreisen sind diesen Sommer eher umständlich und mühsam. Zeit also, unsere Heimat aus der Perspektive der zahlreichen Touristen, die uns unter normalen Umständen besuchen, zu entdecken.
In Anbetracht der globalen Lage und mit einem Blick zurück ins Jahr 2014, als die Des-Alpes-Frage die Bevölkerung spaltete, wie kaum eine andere (von der Gemeindefusion 2009 abgesehen), ist jetzt der richtige Moment, um erneut zu prüfen, ob das Pferd, dass man mit dem Versuch eines Hotelprojektes im Zentrum von Interlaken gesattelt hat, nur vorübergehend sediert ist oder doch tot am Strassenrand liegt.
Eine weltweite Pandemie gekoppelt mit der heutigen Mobilität und den veränderten, schnellen, unerschöpflichen Informationsflüssen, Internet sei Dank, sowie all den technischen Alltagshelfern und Apps für jedes Problem und Problemchen führt bei vielen zu einer kompletten Überhitzung der Hirnwindungen.
Gleichzeitig ist mir durch die Installation der SwissCovid-App wieder schmerzlich bewusst geworden, wie ketzerisch mein Umgang mit meiner Privatsphäre und dem Verfechten des Datenschutzes ist. Ich sende tagtäglich eine gewaltige Menge an Daten an den Hacker Way 1 in Menlo Park (Facebook), den Infinite Loop 1 in Cupertino (Apple) oder den Amphitheatre Parkway 1600 in Mountain View (Google) ohne mir darüber Gedanken zu machen.
Waren Sie schon im Gartencenter? Bald soll in unserem Corona-gebeutelten, an Sozialkontakten armen Alltag wieder Normalität einkehren. Oder «the new normal», wie das einige Konzerne in ihren Strategien für die schrittweise Wiederansiedlung ihrer Mitarbeitenden in den verwaisten Betriebsgebäuden modern nennen. Wir alle erleben gerade, wie Geschichte geschrieben wird. Während wir als Jugendliche im Präsenzunterricht noch die Folgen der Pest behandelt haben, werden sich die Generationen nach uns wohl mit dem Coronavirus beschäftigen.
Ich verfalle nicht in Panik, aber: Exponentielles Wachstum, wie es auch bei der Verbreitung von Viren vorkommt, ist ein hinterlistiges, mathematisches Modell, das unser Vorstellungsvermögen nach kurzer Zeit an seine Grenzen bringt. Bei mir steht nicht die Angst, dass ich oder mein nahes Umfeld am Corona-Virus erkranken, im Vordergrund. Auch wenn dieses Szenario, bei der Betrachtung der aktuellen Zahlen und mathematischen Modelle, realistisch wird.
Was mich aber zur Weissglut bringt, ist die Gleichgültigkeit, mit der wir in unserer Sprache mit den Geschlechterformen umspringen. Keine Sorge, ich halte an dieser Stelle keinen leidenschaftlichen Vortrag über die Binnen-Schreibweise, das Gendersternchen finde ich zum im Dreieck springen und fantasievolle Lösungen wie die X-Form können mir gestohlen bleiben.
Während vor nicht allzu vielen Jahren die Vorfreude auf Weihnachten, Silvester und – als Interlaknerin – auf den 2. Jänner noch alle anderen Gefühlslagen übertünchen mochte, stehe ich heute dieser Zeit mit gemischteren Gefühlen gegenüber. Keine Sorge, eine Weihnachtsdepression ereilt mich deswegen nicht… Ich werde jedoch öfter nostalgisch.
Haben wir unsere Jugend und die ersten Schritte im Erwachsenenalter hinter uns, schaltet das Rad der Zeit im Kopf ein paar Gänge hoch. Die Jahre scheinen nur so vorbeizufliegen, auch wenn wir sie mit vielen neuen Erlebnissen anreichern.
Das Internet hat uns so manche Errungenschaft gebracht. Den Weg zu einer fortschrittlichen Diskussionskultur und einem offenen Meinungsaustausch, der bestenfalls den eigenen Horizont erweitert, hat es uns aber nicht geebnet.