zukunftsflimmern #2 – rumdümpeln auf allen Ebenen

Das Schweizer Parlament trödelt beim Datenschutzgesetz, während Schweizer Unternehmungen jammern, dass die europäische DSGVO ihre Marketingbestrebungen ausbremst. Dass die Rechtsunsicherheit zwischen der Schweiz und der EU nicht der Idealfall ist, ist klar. Aber nicht nur deswegen sollten sich die Parlamentarier ranhalten. Mich beelendet die grosse Lücke zwischen Massnahmen zum Schutz unserer Privatspähre und solchen, die unsere Privatsphäre massiv untergraben.

Es ist wie beim Seilziehen, nur komplexer: Die beiden Seiten stehen extrem weit auseinander und im minutentakt wechseln mehrere Wettkämpfer die Seite. Zum einen wird moniert, dass wir beim Datenschutzgesetz zu langsam vorwärts kommen, aber im gleichen Atemzug verlangt man lautstark, dass E-Voting eingeführt wird. Bei der «Suisse ID» ist die Ratlosigkeit so gross, dass man das Problem jetzt kurzerhand outsourcen möchte. Ohne sich dabei genau zu überlegen, wie es denn um die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger steht, wenn sensible Personendaten in der Hand von privaten Unternehmen landen. Generell lohnt es sich, das Thema der digitalen Identiät vertiefter zu betrachten – mit all seinen Chancen, aber auch Gefahren. Brett Solomon hat das im September dieses Jahres in einem lesenswerten Meinungsartikel in WIRED getan.

 

NZZ – Das Parlament lässt sich Zeit beim Datenschutzgesetz – das könnte der Wirtschaft schaden

Nun ja, der Schaden für die Wirtschaft ist das eine. Denn:

Netzwoche – Schweizer sehen die EU-DSGVO als Marketingbremse

Die Herleitung des Autors, dass der Schutz der Privatsphäre in der Schweiz sehr viel stärker verankert sei – wegen dem Bankgeheimnis notabene – wage ich zu bezweifeln. Herr und Frau Schweizer scheinen wenig auf ihre Privatsphäre zu geben, wenn man die Entwicklungen der letzten Zeit betrachtet. Wir stimmen beispielsweise in einer Woche darüber ab, ob wir Versicherungen grössere Rechte bei der Überwachung von möglichen «Sozialschmarotzern» einberäumen wollen, als den Strafverfolgungsbehörden. Und die Tendenz ist ein klares Ja. Beim Büpf haben wir bereits grausam versagt. Der Schutz unserer Privatsphäre? Mir bleibt das Lachen im Hals stecken.

Der Titel dieses Artikels sollte wohl eher lauten: Schweizer haben die EU-DSGVO nicht verstanden. Dass 70% der Schweizer Unternehmen die EU-DSGVO als Marketingbremse sehen, kann man mit dem Begriff «Rechtunsicherheit» verargumentieren, klar. Meiner Meinung nach liegt es wohl eher daran, dass sie dieses Jahr anfang Mai die fünf Buchstaben zum allerersten Mal gehört haben und dann panisch ihren Umgang mit personenbezogenen Daten prüfen mussten. Der riesige Aufwand und die panische Angst vor Abmahnungen aus der EU steckt wohl eingien noch tief in den Knochen.

netzpolitik.org – UN-Sonderberichterstatter wünscht sich eine motiviertere Bundesregierung

Zwar geht das Interview vor allem auf Deutschland ein, dennoch liefert Joseph Cannataci, UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Privatsphäre, einige Aussagen, die allgemein wichtig sind. Etwa, dass wir gerade dank der heutigen Technologien mehr über den Datenschutz sprechen, aber dieser bei vielen neuen Technologien noch hinterherhinkt (bsp. Mobiltelefone).

Republik – Digitaler Ausweis, powered by UBS

Adrienne Fichter rollt das ganze Trauerspiel um die «Suisse ID» auf. Und die Frage zum Schluss des Artikels ist mehr als berechtigt: Wenn der Staat sich selbst nicht einmal für eine Kernaufgabe wie die E-ID für kompetent genug hält, wie sieht es dann mit komplexeren Themen wie Cybersicherheit und E-Voting aus?

Irene Thali –  –  schrieb am 17. November 2018 –  –  in chlütterle & chlöne | läse & schribe

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