Mein Zauberwürfel

Zeitmanagement mit dem Timeular-Würfel

Ich habe etwas im Internet bestellt. Nicht dass das komplett neu für mich wäre, aber ich bin zum ersten Mal so richtig dem Zauber einer Instagram-Werbeanzeige erlegen. Abends, auf der Couch, als die Lasagne im Backofen vor sich hin brutzelte, habe ich den unübersehbaren «Order now» Button geklickt. Zwei Tage später war das Päckchen da: In ihm ein kleiner, achteckiger Würfel, Aufkleber mit verschiedenen Symbolen und ein Stift.

Timeular – so heisst der kleine Würfel – ist seitdem mein ständiger Begleiter. Und er achtet ohne grossen Aufwand darauf, wie ich meine Zeit einsetze. Ich bin kein Fan des allgegenwertigen Optimierungszwangs. All meine Versuche, etwas in meinem Leben mit Hilfe elektronischer Geräte zu verbessern und zu protokollieren, scheitern nach ein paar Wochen. Ob das nun Kalorienzählen, regelmässige Yoga-Workouts oder Projektpläne und To-Do-Listen sind: Ich bin schlicht zu faul. Alles, was den Mindestaufwand von einem Augenzwinkern übersteigt, funktioniert für mich nicht. Seit ein paar Jahren habe ich sowieso ständig das Gefühl, dass mein Zeitbudget in einem schwarzen Loch verschwindet. Meine Tage haben zu wenig Stunden, meine Wochen zu wenig Tage. Wozu also noch die knapp bemessene Zeit mit irgendwelchen Apps oder dem Führen von Listen verschwenden? Ich habe schon vieles versucht, um meinen Zeitfressern auf die Schliche zu kommen. Da dazu aber eine gewisse Disziplin vonnöten ist, kommt mir genau hier meine Faulheit in die Quere. Es ist ein Teufelskreis! Dieser ständige gefühlte Zeitmangel treibt mich recht massiv um. Wohl deshalb war ich auch so anfällig für die Timeular-Werbeanzeige.

Meine Versuche, etwas in meinem Leben mit Hilfe elektronischer Geräte zu protokollieren, scheitern nach ein paar Wochen. Ob das nun Kalorienzählen, regelmässige Yoga-Workouts oder Projektpläne und To-Do-Listen sind: Ich bin schlicht zu faul.

Was kann also dieser kleine, magische Würfel? Nicht besonders viel. Er verfügt über acht Flächen und lässt sich via Bluetooth mit dem Computer oder Handy verbinden. Jede seiner acht Flächen steht für eine Tätigkeit – die Einteilung nimmt man selber vor. Mit dem Stift und den Aufklebern lässt man seiner Kreativität freien Lauf. Timeular erspart sämtliche Listen und Zeiterfassungs-Apps. Man dreht nur die entsprechende Fläche des Würfels nach oben und schon zeichnet dieser die Zeit auf. Simpel und einfach zu bewältigen.

Seit einigen Wochen bin ich fleissig dabei, meinen kleinen Würfel von einer Seite auf die andere zu drehen. Dabei habe ich schon vieles über meinen Umgang mit dem kostbaren Gut Zeit gelernt. Am auffälligsten ist es, wie viel Zeit flöten geht, wenn ich in einer Tätigkeit durch eine andere unterbrochen werde. Etwa, wenn das Telefon klingelt, während ich an einem Text arbeite. Multitasking – oder zumindest der Versuch – ist mein grösster Produktivitätskiller, nicht wie ich bisher gedacht, meine Stärke. Weiter habe ich gelernt, dass regelmässige Pausen meinem Schaffensprozess guttun. Vergesse ich die Zeit, erinnert mich mein Würfel daran, dass eine Kaffeepause fällig wäre. Viele dieser Dinge, die ich jetzt schwarz auf weiss in meinem täglichen Zeitprotokoll sehe, habe ich zwar zuvor irgendwo mal gehört, aber nie wirklich geglaubt oder einfach ignoriert. Der Timeular-Würfel lernt mich, vernünftig mit der Ressource Zeit umzugehen. Das Beste ist aber, dass die Zeit, in der der Würfel unangetastet auf dem Schreibtisch steht, langsam länger wird und nicht nur die Nächte beinhaltet. Geniesse ich meine Freizeit oder gönne ich mir eine Mussestunde, wird nichts aufgezeichnet. Produktives Nichtstun ist der gesündeste Zeitfresser, den es gibt.

Dieser Text erschien als Kolumne im Bödeli Info, Weber Verlag, Ausgabe April 2019.

Nachtrag

Manchmal erreicht mich Post zu meinen Kolumnen. Diese hier hat mich besonders zum Schmunzeln gebracht:

hallo irene, wieder mal ein schmunzel-viertelstündchen, das lesen deiner «kohl-umne». und du glaubst es nicht, du hast mich unsicher gemacht: steckt unter der überwachsenen hülle unseres majestätischen thunersee-wahrzeichens nicht, wie auf der abbildung ersichtlich, das überdimensionale eigenheim von cheops, sondern dein auf der spitze stehender timeular-würfel...? who knows! nehmen wir uns doch die zeit, darüber zu sinnieren und zu rätseln. ich wünsche dir ein pyramidales weekend, gruess curtolino 

Niesen, Pyramide oder Timeular-Würfel?

Der Pyraniesen – oder doch ein Timeular-Würfel?! © Kurt Brunner, Interlaken

 

Irene Thali –  –  schrieb am 01. April 2019 –  –  in läse & schribe

Hesch öppis z'mälde?



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